Abbrucharbeiten in Degerndorf

Schutt mit Geschichte

Quelle: Süddeutsche Zeitung | 08.09.2017

Stück für Stück verschwindet ein Teil der Degerndorfer Geschichte. Der Bagger reißt die Mauern des alten Schulhauses in dem Münsinger Ortsteil ein. Rund 100 Jahre alt ist das Gebäude, in dem bis in die 1960-er Jahre noch unterrichtet worden ist. Danach nutzten es die Degerndorfer Vereine für ihre Aktivitäten. Doch Schimmel und Stock hatten vor allem im Keller das Mauerwerk durchdrungen. Räume mussten mit Holzbalken abgestützt werden. Deshalb hatte der Gemeinderat beschlossen, für die Degerndorfer einen neuen, massiven Holzbau mit drei Geschossen als Treffpunkt zu errichten. Mit dem Bau kann nach dem Abriss des Schulhauses erst im kommenden Frühjahr begonnen werden. 2019 kann das neue Gebäude dann bezogen werden.

Wie der technische Baumamtsleiter der Gemeinde Münsing, Josef Limm, erklärt, sind bei dem rund 1,25 Millionen Euro teuren Neubau noch Fragen zur Barrierefreiheit zu klären. Nach dem Baubeginn im Frühjahr werde es 14 bis 15 Monate dauern, bis das Gebäude fertiggestellt werde. In dem Haus sollen dann zusätzlich zur Blaskapelle, dem Burschen- und dem Theaterverein Degerndorf auch die örtlichen Schützen unterkommen. Mit ihrem Schießstand werden sie aus dem früheren Café Kistler ins Untergeschoss des Neubaus einziehen.

Für die Degerndorfer Vereine beginnt nun eine Zeit des Übergangs und der Ausweichquartiere. Wie Stephan Henschelchen, Vorsitzender der Blasmusikkapelle, erklärt, haben die Musiker und andere Freiwillige schon beim Ausräumen der Innenräume des alten Schulhauses mitgeholfen. Sie entfernten die Fenster und rissen die Böden heraus. Dass wieder ein Stück Geschichte aus dem Ort verschwinde, bedauere er, sagt Henschelchen. Immerhin hätten sich im Schulhaus jahrzehntelang die Vereine des Ortes getroffen. Doch das Gebäude sei nicht mehr zu retten gewesen. „Jetzt ist Zeit für etwas Neues.“

Bis 2019 hat die Blaskapelle keinen Probenraum mehr in Degerndorf. Deswegen weichen die Musiker nun nach Münsing aus. Mit den Mitgliedern der Münsinger und der Holzhauser Blaskapelle teilen sie sich die Übungsräume am Sportzentrum am Hartlweg. „Das ist kein Problem. Wir hatten unsere Proben mittwochs. Da ist dort der Übungsraum frei“, sagt Henschelchen. Zum Üben seien jedesmal 20 bis 25 der 30 Degerndorfer aktiven Musiker anwesend. Um nach Münsing zu kommen, haben sie Fahrgemeinschaften gebildet.

Im Erdgeschoss des alten Schulhauses hatten die Mitglieder des Degerndorfer Burschenvereins einen Aufenthaltsraum. Dessen Vorsitzender Matthias Holzapfel trauert dem Gebäude aber wenig nach. In den Keller seien sie wegen des Schimmels nicht mehr gerne gegangen, sagt er. Und in der Küche hätten sie Stützbalken eingezogen, damit die Decke nicht einfällt. „Immer, wenn jemand den Herd eingeschaltet hat, hat es die Sicherung rausgehauen.“ Jetzt treffen sich die Burschen im Feuerwehrhaus. Beim Neubau wollten sich alle Vereine einbringen. Holzapfel erklärt, der Theaterverein habe seine Requisiten, darunter ganze Bühnenteile, vorübergehend privat eingelagert. In privaten Räumen übt derzeit auch die Chorgruppe von Annemarie Korntheuer aus Bolzwang.

Auf den Einzug in das neue Haus freuen sich die Mitglieder der Vereine. Der dreigeschossige Bau ist mit einer Grundfläche von 13,5 auf 16,5 Metern etwas größer als das Vorgängergebäude. Kernstück soll nach den Planungen von Michael Bruckmeir der 160 Quadratmeter große Multifunktionsraum im Obergeschoss werden. Mit einer flexiblen Trennwand soll er zweiteilbar und individuell nutzbar werden. Der Gemeinderat hat beschlossen, das Haus an das Nahwärmenetz des Degerndorfer Tiefbauunternehmens Holzer anzuschließen. „Jetzt warten wir nur noch auf die Baugenehmigung vom Landratsamt“, sagt Josef Limm.